Alfried Krupp und der Nationalsozialismus

03:16 Min. Verfügbar bis 14.07.2024

Forschungsprojekt "Alfried Krupp und der Nationalsozialismus"

Stand: 14.07.2023, 17:40 Uhr

Welche Beziehung hatte der Essener Stahl-Unternehmer und Waffenproduzent Alfried Krupp zum Nationalsozialismus? Ein neues Forschungsprojekt hat erste Ergebnisse präsentiert.

Von Kai-Hendrik Haß

Alfried Krupp - dieser Name hat Klang im Ruhrgebiet. Krankenhäuser und die gleichnamige Stiftung sind nach ihm benannt. Bevor er 1967 starb, hatte der letzte persönliche Eigentümer der Fa. Krupp verfügt, dass sein gesamtes Vermögen in eine Stiftung übergehen sollte. Bis heute ist sie größter Anteilseigner des ThyssenKrupp-Konzerns und fördert umfangreich Kultur und Wissenschaft.

Alfried Krupp

Nach Alfried Krupp sind Krankenhäuser und die gleichnamige Stiftung benannt

Mit dem Projekt "Alfried Krupp und der Nationalsozialismus" hat sich die Stiftung vor einiger Zeit entschlossen, dem Denken Ihres Stifters intensiver auf die Spur zu kommen: Welche Beziehung hatte Alfried Krupp zum Nationalsozialismus?

War der Essener Stahl-Unternehmer und Waffenproduzent "nur" Profiteur des Regimes? Oder handelte er aus ideologischer Überzeugung? Um das zu klären, hat ein Team um den renommierten Marburger Historiker Eckart Conze jetzt umfangreich neue Quellen identifiziert und auch schon stichprobenartig tiefer geforscht.

Neue Fragen aufgeworfen

Die ersten Ergebnisse werfen jetzt neue Fragen zu Alfried Krupp und seiner Einstellung zum Nationalsozialismus auf. Warum trat der 1907 geborene Sohn von Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach schon 1931 als Fördermitglied in die SS ein.

"Da begegnet einem ein Alfried Krupp, bei dem die Nähe zum Nationalsozialismus durchaus erkennbar ist. Und zwar sehr früh." Eckart Conze, Historiker

1938 wurde er - auch auf Druck Hitlers - Mitglied in der NSDAP. 1943 folgt er seinem Vater als Alleininhaber des Unternehmens.

Eckart Conze

Eckart Conze, Forscher

"Da begegnet einem ein Alfried Krupp, der sich persönlich involviert, der Kenntnisse hat, der Informationen hat - beispielsweise mit Blick auf die Zwangsarbeit. Ein Alfried Krupp, bei dem die Nähe zum Nationalsozialismus durchaus erkennbar ist. Und zwar sehr früh", sagt Forscher Eckart Conze.

Wichtiges Thema: Zwangsarbeit

Zehntausende Zwangsarbeiter hat der Krupp-Konzern während des zweiten Weltkriegs beschäftigt. Hätte sich Alfried Krupp dem entgegenstellen können und hätte er das überhaupt gewollt?

Alfried Krupp

Die ersten Ergebnisse werfen neue Fragen zu Alfried Krupp und seiner Einstellung zum NS auf

1948 wurde Krupp im Zuge der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse auch wegen der Ausbeutung von Zwangsarbeitern zu zwölf Jahren Haft verurteilt, drei Jahre später begnadigt. Im Gefängnis lernte er deutsche Kriegsverbrecher kennen, die er in den folgenden Jahren teilweise auch finanziell unterstützte.

"Wie kommt einer dazu, nach dem Krieg Mithäftlingen, Verbrechern Hilfeleistungen zu geben?", fragt sich dazu auch Volker Troche, Vorsitzender der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Auch diese Frage muss noch intensiver erforscht werden. 

Historiker Conze kann aber schon jetzt sagen, dass er bislang keine Hinweise auf eine kritische Selbstreflexion bei Alfried Krupp in Bezug auf sein Verhalten in der NS-Zeit finden konnte: "Eher sogar Versuche einer trotzigen Schuldabwehr, einer Schuldverweigerung - wie sie aber für viele NS-Belastete nach 1945 charakteristisch ist".

Krupp-Stiftung investiert in weitere Forschung

Alfried Krupp

Viele Fragen müssen noch intensiver erforscht werden

Die Krupp-Stiftung will in den nächsten zwei Jahren weiter intensiv über ihren Stifter forschen lassen. Dafür will sie noch einmal 150.000 Euro investieren.

Am Ende könnte ein schmerzliches Ergebnis stehen: Nämlich, dass auf dem durchaus geschätzten Alfried Krupp ein brauner Schatten liegt, der größer ist, als man bislang dachte.