Buchcover: "Der ehrliche Finder" von Lize Spit

"Der ehrliche Finder" von Lize Spit

Stand: 19.03.2024, 12:00 Uhr

"Der ehrliche Finder" spielt in den 1990er Jahren in der fiktiven belgischen Gemeinde Bovenmeer. Hier lebt der neunjährige Jimmy: Ein kleiner Nerd der komische Dinge sammelt. Schlau, aber ziemlich einsam. Das ändert sich als Tristan in seine Klasse kommt. Eine Rezension von Maren Ahring.

Lize Spit: Der ehrliche Finder
Übersetzt von Helga van Beuningen.
S. Fischer Verlage, 2024.
128 Seiten, 18 Euro.

"Der ehrliche Finder" von Lize Spit

Lesestoff – neue Bücher 19.03.2024 04:39 Min. Verfügbar bis 19.03.2025 WDR Online Von Marie Ahring


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Es ist ein Buch über Freundschaft, das Lize Spit geschrieben hat. Ein schmales Buch, das von innigen Gefühlen, aber auch tiefen Enttäuschungen handelt. Überzeugend aus einer kindlichen Perspektive erzählt, aber weit davon entfernt naiv zu sein.

"Der ehrliche Finder" spielt in den 1990er Jahren in der fiktiven belgischen Gemeinde Bovenmeer. Hier lebt der neunjährige Jimmy: Ein kleiner Nerd. Einer, der komische Dinge sammelt. Schlau, aber ziemlich einsam. Das ändert sich an dem Tag, als Tristan in seine Klasse kommt.

"Die Schulleiterin führte Tristan in die Klasse. Mit jedem Schritt, den sie auf seine Bank zutat, durchfuhr Jimmy ein noch heftigerer Freudenstoß. Schließlich machten sie genau vor dem leeren Platz neben Jimmy halt. 'Sluis, unser Einstein höchstpersönlich, gibst du auf Tristan acht, damit er sich hier wohlfühlt?' Endlich, dachte Jimmy, endlich brachte die Tatsache, dass er zu keiner Clique gehörte, ihm etwas ein. 'Tristan, kümmere du dich auch gut um Jimmy, auch er macht eine schwierige Zeit durch.'"

Schnell werden Jimmy und Tristan Freunde. Nicht ohne Grund, erklärt Autorin Lize Spit:

O-Ton Lize Spit:
"Ich glaube, manchmal entsteht Freundschaft auch, weil man sich gegenseitig braucht."

Tristan musste mit seinen Eltern und sieben Geschwistern aus dem Kosovo fliehen. Der Krieg in seiner Heimat und die lange Flucht haben ihn traumatisiert. In Belgien muss er neu anfangen – mit einer neuen Sprache und neuen Freunden. Jimmy ist viel allein. Nachdem sein krimineller Vater abgehauen ist, sehnt er sich nach der Wärme eines Zuhauses. Als er von Tristan eingeladen wird, bei ihm und seiner Familie zu übernachten, geht ein Wunsch für Jimmy in Erfüllung:

"Die Ibrahimis schliefen nicht in getrennten Betten, sondern alle zusammen auf Matratzen auf dem Boden. (…) Wenn er sich jetzt vorstellte, heute Abend dort zu liegen, zwischen Tristan und seinen sieben Geschwistern, dann regte sich etwas in Jimmys Brust, etwas Fröhliches, aber auch Dumpfes, als schlüge jemand eine Triangel mit einer Mohrrübe an."

Aber Tristans Einladung hat einen ernsten Hintergrund: Die Familie soll aus Belgien abgeschoben werden. Um das zu verhindern, hat Tristan einen gewagten Plan geschmiedet, für den er Jimmys Hilfe braucht. Wie die Geschichte ausgeht, soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden.

Lize Spit hat beim Schreiben des Buchs auf eigene Erfahrungen zurückgreifen können. Das erzählt sie im Interview mit NDR Kultur. Sie war selbst mit einem Mädchen befreundet, das aus dem Kosovo geflohen war. Von ihr hat sie sich schildern lassen, wie sie die Zeit nach der Flucht erlebt hat. Und ein bisschen Lize steckt auch in dem kleinen Jimmy:

O-Ton Lize Spit:
"Ich komme auch nicht aus einer sehr sicheren Familie und ich habe es geliebt zu ihr nach Hause zu kommen mit den vielen Geschwistern. Ich habe mich da wirklich zuhause gefühlt bei ihnen. Und das ist das Wichtige: Sie kamen aus einem Krieg und haben traumatische Erlebnisse gehabt, aber sie hatten einander. Und das hat diese Familie so zusammengeschweißt – und für mich war das ein glücklicher Ort."

Das klingt jetzt vermutlich alles etwas nach Sozial-Kitsch. Und hätte jemand anders dieses Buch geschrieben, dann wäre das wahrscheinlich richtig. Aber "Der ehrliche Finder" ist eine Geschichte über die hellen und dunklen Seiten von Freundschaft, frei von Klischees und menschlich mitfühlend erzählt von Lize Spit.