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Gurdjieff Ensemble

Gurdjieff Ensemble – 19.10.2014

Esoterik armenisch rerooted

Stand: 20.10.2014, 11:42 Uhr

Sehr speziell beim diesjährigen TFF Rudolstadt: ein Ensemble kaukasischer Volksinstrumente, das die von orientalischen Musiken inspirierten Klavierfantasien eines schillernden Esoterikers des frühen 20. Jahrhunderts, Georges Gurdjieff, gebürtig aus Armenien, wieder in die Klangwelt seiner Heimat zurückführt.

Aber die Geschichte ist noch viel komplizierter. Nachdem Gurdjieff auf der Suche nach Spiritualität jahrzehntelang Zentralasien, Nordafrika und Europa bereist hatte, ließ er sich in Taschkent, Moskau und St. Petersburg nieder. Dann kam die Oktoberrevolution – Tiflis, Konstantinopel, Berlin, London waren seine nächsten Stationen, an denen er eine wachsende Schar von Jüngern um sich scharte. 1922 eröffnete er dann auf einem idyllisch gelegenen Schloss bei Paris sein "Institut für die harmonische Entwicklung des Menschen". Und er wusste sich als Guru der "Waldphilosophen" in der intellektuellen Öffentlichkeit bestens zu inszenieren – und auch alle politischen Wirren der deutschen Kriegsbesatzung und der Libération zu überdauern.

 Gurdjieff-Bewegungss-Seminar

Gurdjieff-Bewegungss-Seminar

Tanz galt ihm als wichtiges Mittel harmonischer Entwicklung. Und musikalisch griff er dabei auf seine Reiseeindrücke aus dem Orient zurück. Allerdings brauchte er dazu Thomas de Hartmann – einen aus der Ukraine gebürtigen russischen Pianisten, der 1916 sein Schüler und Vertrauter und dessen Frau Olga Gurdjieffs Sekretärin wurde. De Hartmann komponierte und arrangierte er einen Großteil der Musik, die Gurdjieff zusammengestellt hatte, um sie bei seinen tänzerischen Übungen einzusetzen. Der Meister war nicht in der Lage, seine Melodien zu notieren, und summte oder pfiff sie seinem Adlatus vor, wobei er oft bei der Wiederholung die Vorgabe auch schon wieder veränderte.

Ein recht zweifelhaftes Opus also, pianistisch sehr schlicht, aber gleichzeitig wohl gerade wegen dieser Reduktion und Minimalisierung auch faszinierend. Jedenfalls machte sich Levon Eskenian, selber auch Pianist, daran, Gurdjieff-de Hartmanns Klavierstückchen der orientalischen Musik, von der sie gewissermaßen parasität zehrten, wieder zurückzugeben. Unsere Autorin Babette Michelsprach mit ihm, und sein "Gurdjieff Ensemble of Traditional Folk Instruments" war Anfang Juli zu Gast beim TFF Rudolstadt.

Moderation: Thomas Daun

Redaktion: Werner Fuhr

Bilder vom TFF 2014 in Rudolstadt

59:34 Min. Verfügbar bis 30.12.2099