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Giovanni Sollima in Forte Dossaccio

WDR 3 open: SoundWorld Italien – 20.10.2015

1. Weltkrieg: Silenzio si muore

Stand: 10.09.2015, 15:18 Uhr

100 Jahre sind seit Italiens Eintritt in den Ersten Weltkrieg vergangen, doch in Friaul-Julisch Venetien, an der Grenze zu Österreich und Slowenien, sind die Wunden bis heute nicht völlig verheilt. Die italienische Gesellschaft hat dieses Stück Geschichte von Schrecken und Elend kaum öffentlich aufgearbeitet. Aber viele Lieder sprachen sofort Klartext.

Heute, anlässlich des Jahrhundertgedenkens, sind es erneut Musiker, die einen gemeinsamen Denkanstoß zum Thema "Krieg" geben. "Silenzio si muore" hieß das eindrucksvolle Konzert des Jazztrompeters Paolo Fresu. Er hat auf den Gipfeln der Dolomiten, dort, wo Italiens Krieg tobte, sein eigenes Silenzio gespielt. Um ihn zu hören, mussten die Zuschauer ein Trekking von zwei Stunden durch Tunnelsysteme und Schützengräben auf sich nehmen. Bei den "Suoni delle Dolomiti" trat auch der klassische Cellospieler Mario Brunello auf, der zusammen mit dem deutsch-slowenischen Signum Saxophon Quartett die Soldatenlieder von damals neu interpretiert. "Canti rocciosi" heißt das dem Thema Krieg gewidmete Werk des Cellisten Giovanni Sollima.

Viele der Soldatenlieder waren alles andere als Kriegsverherrlichung. Pazifistische, ja offen antinationale Töne bestimmen oft die Texte, die in den Schützengräben populär waren. Der Historiker Emilio Franzina und die Musiker der Gruppe Hotel Rif spannen bei ihren Auftritten den weiten Bogen zwischen verordnetem Kriegsrausch und ohnmächtigem Protest.

Ambrogio Sparagna erschließt mit seinem Konzert "Schützengraben des Herzens" die romantische Seite der Soldaten aus dem Süden Italiens, die nicht schreiben konnten, die kaum italienisch sprachen und Liebeslieder sangen, um sich und die Truppe bei Laune zu halten. Der Popsänger Massimo Bubola erweckt das Repertoire der italienischen Alpenjäger zu neuem Leben, und die Rockmusiker I Luf präsentieren sogar Punk-Versionen alter Soldatenlieder wie "Tapum" oder "Il testamento del capitano".

Autorin: Marina Collaci

Redaktion: Werner Fuhr