"Staub ist die Haut eines Zimmers." Die Textzeile aus Samuel Becketts TV-Drama "Ghost Trio" gab den Anstoß zu Saunders‘ Komposition "Skin". Kern des Stücks aber ist nicht die Textur eines Raumes, sondern einer Stimme, die der Sopranistin Juliet Fraser, deren klangliche Dimensionen Schicht um Schicht freigelegt und im instrumentellen Umfeld aufgefächert werden.
Auch "Scar", die Narbe, ist ein Stück Haut, zugleich ein Relikt ihrer Verletzung, wenn etwas unter die Haut geht, wie – im übertragenen Sinn – die schneidenden Instrumentaleinsätze in Saunders‘ gleichnamigem Ensemblewerk. Scharfe Glissandi durchdringen die Stille. In seiner schroffen links-rechts-Disposition reißt das Klangpanorama immer wieder auf. Ein Hin und Her wie ein Schlagabtausch.
Das Spiel im Raum und mit dem Raum, mit musikalischen Oberflächen und Untergründen, lässt sich weiter vertiefen: Mit der Uraufführung einer dritten Komposition greift Saunders den Zusammenhang auf und "Skin" und "Scar" werden zu einem Triptychon ergänzt.
Mitschnitt vom 1. Mai 2023 im Rahmen des Festivals ACHTBRÜCKEN Musik für Köln aus der Kölner Philharmonie.
Rebecca Saunders
Scar (2018–19)
für 15 Solisten und Dirigenten
Kompositionsauftrag von ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln gemeinsam mit Birmingham Contemporary Music Group & individuellen Förderern des "Sound Investment Scheme", Huddersfield Contemporary Music Festival, Casa da Música Porto und Festival d‘Automne à Paris
Skin (2015–16)
für Sopran und 13 Instrumente
Juliet Fraser - Sopran
Ensemble Modern
Bas Wiegers - Dirigent
Moderation: Susann El-Kassar
Redaktion: Patrick Hahn